Als einer der bundesweit führenden Anbieter von Bodenbelägen, Heimtextilien und Holz ist die W. & L. Jordan GmbH auf eine hocheffiziente Lieferkette angewiesen. Um im wachsenden Geschäft seine Überseelogistik bestmöglich zu steuern und Lagerkosten am Hafen zu reduzieren, benötigte das Unternehmen ein optimiertes Supply Chain Management. Wir sprachen mit Ralf Boelicke, Abteilungsleiter Supply Chain Solutions bei Hermes Germany über die Umsetzung von intelligentem Supply Chain Management bei diesem Projekt.
Herr Boelicke, mit welcher Fragestellung kam die W. & L. Jordan GmbH auf Sie zu?
Die W. & L. Jordan GmbH hat über 60 Niederlassungen in Deutschland, Österreich, Schweiz, Italien und Polen – Tendenz steigend. In seinen Zentrallagern in Kassel und Erfurt bevorratet Jordan ständig mehr als zwei Millionen Quadratmeter hochwertiger Bodenbeläge. Während des Betriebs kam es immer wieder zu Störungen und Ineffizienzen in der Lieferkette. Unsere Aufgabe war es, die Ursachen für diese wirtschaftliche Belastung zu analysieren und schließlich aufzulösen.
Können Sie genauer auf die Probleme in der Supply Chain eingehen?
Die wachsende Sortimentsvielfalt und hohe Verfügbarkeit der Ware erfordert ein ausgeklügeltes und transparentes Supply Chain Management, dies stellte für den Familienbetrieb eine Herausforderung dar. Zu Stoßzeiten kam es vor, dass die gelieferten Materialmengen die Lagerkapazitäten im Hauptlager überstiegen. Dies hatte zur Folge, dass es zu Personal- und Lagerflächenengpässen kam. In direkter Konsequenz kam es zu längeren Hafen-Standzeiten und zu einer verspäteten Rückgabe der Container – beides verursachte immense Mehrkosten.
Wie sind Sie an das Projekt heran gegangen?
Bei uns gibt es keine Lösungen von der Stange. Jeder Kunde hat eigene Anforderungen an die Supply Chain. Warenmengen, Transportmittel und -wege sowie Lagerstätten unterscheiden sich teils erheblich. Im Rahmen der erstmaligen Frachtenvergabe an uns, bat Jordan um eine detaillierte Visualisierung der Container-Transporte. Zunächst ermittelten wir die Ist-Situation im Rahmen des Hermes SCANs, einer umfassenden Supply Chain Analyse. Mit unserem SCAN decken wir systematisch mögliche Risiken, aber auch Verbesserungspotentiale beim Kunden auf und leiten daraus Handlungsempfehlungen ab.
Was war das Ergebnis Ihrer Supply Chain Analyse?
Auch bei Jordan konnten wir Verbesserungspotential identifizieren. Wir glichen die Anforderungen des Kunden an die Lieferkette mit den tatsächlichen Abläufen ab und stießen schnell auf eine zeitweise Überlastung des Hauptlagers. Um diese Situation zu ändern, benötigten die operativen Mitarbeiter eine größere Informationsdichte sowie einen zentralen Zugriff auf Lieferantendaten. Ziel war es, die Ankunft der Container bzw. der Ware frühzeitig zu erfahren, um die Lager- sowie Personalkapazitäten entsprechend koordinieren zu können.
Wie sah Ihre Lösung für die Lieferkette von Jordan aus?
Wir schlugen einen Zwei-Schritte-Plan vor: Um Jordan schnellstmöglich zu entlasten, rieten wir umgehend ein Pufferlager im Hamburger Hafen einzurichten. Dieses sollte in Stoßzeiten die Engpässe bei der Lagerung effektiv abfedern und Kosten minimieren. Denn die Berechnungen ergaben, dass sich ein Zwischenlager bereits nach wenigen Tagen rechnen würde. Das Pufferlager stellte somit einen zentralen Baustein in der Optimierung der Lieferkette dar.
Hinzu kam die Nutzung von Jordan-eigenen Leerfahrten-Trailern für die Zulieferung aus dem Pufferlager an das Hauptlager, wodurch nochmals Kosten für Jordan gesenkt werden konnten.
Und wie sah der zweite Schritt aus?
Dreh- und Angelpunkt war die Etablierung eines zentralen Systems zur lückenlosen Container- und Lieferantenverfolgung. Denn das A und O für Effizienz ist die Kontrolle über die Lieferkette.
Was bedeutet das im Detail?
Bis dato nutzte Jordan ein dezentrales System zur Lieferantenverfolgung. Wir empfahlen dies durch ein zentrales System zu ersetzen. Mit der Implementierung der Supply Chain Management-Plattform SCM verschafften wir Jordan maximale Transparenz. Das SCM gewährleistet eine lückenlose Order- und Sendungsverfolgung, welche sich von überall her zentral steuern lässt – der wichtigste Schritt zu Nachhaltigkeit in der Lagerlogistik. Darüber hinaus nahmen wir eine Visualisierung der Containertransporte vor – die Voraussetzung, um die Ware entlang der Lieferkette lückenlos verfolgen und koordinieren zu können.
Was ist der Vorteil einer zentralen Supply Chain Management Plattform wie SCM?
Mittels SCM lassen sich etwa Lieferverzögerungen durch die Lieferanten frühzeitig erkennen, Zulaufmengen besser planen und Abrechnungsprozesse klar visualisieren. Beginnend mit der Lieferterminüberwachung über die Abholung und Verschiffung der Ware durch den Lieferanten bis zur direkten oder indirekten Vereinnahmung im Zentrallager: Im Supply Chain Management System wird jeder Schritt entlang der Lieferkette transparent erfasst und für alle Teilnehmer direkt abrufbar dokumentiert.
Durch den weltweiten Zugriff auf die Lieferketten-Daten in Echtzeit erhält Jordan darüber hinaus maximale Transparenz und Kontrolle über den Lieferantenprozess. So kann das Unternehmen seine Ressourcenplanung und Personalauslastung optimieren und sich noch stärker auf die Anforderungen seiner Kunden und sein Kerngeschäft konzentrieren.
Gab es Schwierigkeiten bei der Etablierung der zentralen Supply Chain Management-Plattform?
Zum Glück nicht, nein. (lacht) Ein großer Vorteil des SCM ist, dass unsere Kunden keine externen IT-Ressourcen benötigen und wir die Programmierung schnell und parallel zum laufenden Betrieb durchführen können.
Wir erstellten Zugangsberechtigungen für die autorisierten Mitarbeiter, Abteilungen und Lieferanten, und übertrugen die aktuellen Daten von Jordan in das neue System. Es folgte eine detaillierte Schulung für alle Beteiligten. Die dreimonatige Probephase verlief dann auch erfolgreich und ohne Komplikationen. Inzwischen wickelt Jordan das gesamte Tagesgeschäft routinemäßig mithilfe des SCM ab. Durch die Möglichkeit, Verschiffungsdokumente im SCM anzuhängen, wird der Suchaufwand für alle Systemteilnehmer reduziert. Jordan führt keine dezentralen Tabellen mehr, sondern kann sich die Aufstellung der Container auf See oder im Hafen sowie im Zwischenlager einfach und übersichtlich ansehen. Ein nachhaltiger Mehrwert für alle Beteiligten entlang der Lieferkette.